Cimarron libris

Briefe an Plinius

Prosa - Band 13 

Prolog (Auszug)
Wie konnte ich so verwegen sein, darüber nachzudenken, mit dem Römer Gaius Plinius Caecilius Secundus, geboren 61 oder 62 nach Christus, gestorben um 113, römischer Beamter und Schriftsteller, aus begüteter Familie stammend, einen Briefwechsel zu führen?

Es ist keine Frage, vor mir liegt ein neues Gedankenabenteuer. Ich weiß nicht, wohin es mich führen wird. Die Zeit überrascht uns mit geduldigen Launen, das trifft sich mit ihrem unberechenbaren Wesen. Hat das Leben nicht einen wunderbaren Charme!

 

1. Brief (Auszug)

Das ist vergessen! Helen und ich gehen durch den Garten und genießen die Sonnenwärme; die meisten Beete sind schon gesäubert, der Rasen, nur noch in kleinen Teilen vorhanden, behält das ganze Jahr über eine für das Auge erfrischende Farbe. Die ersten rosa-weißen Knospen am Pflaumenbaum zeigen sich. Die Veilchen, ihr Duft ist betörend, wenn sie in kleinen Glasvasen stehen, wachsen unter den Apfelbäumen und erinnern an die Blaue Blume der Poesie.
Warum stockt meine Hand? Und warum bleibe ich eine Zeitlang schweigend vor dem Buch sitzen, während sich der Blick in den weiten Feldern am Ende des Gartens verliert? Ich will es dir sagen. Unser Aufenthalt an diesem Platz ist nur noch von kurzer Dauer. Das betrübt mich mehr als Helen. In einem späteren Brief werde ich dir mehr darüber berichten. Zunächst muß ich mit meinem Blick die weiten Wiesen verlassen und mich nach unten begeben - es ist Essenszeit. Ich will Helen nicht warten lassen.
Wie war das in Rom, an welchem Platz hast du zu Mittag gegessen? Und wer waren deine Tischgenossen? Verzeih meine Neugierde!

4. Brief (Auszug)

Was gibt uns das Schreiben? Sind wir dessen würdig? Legen wir alte Schichten des Wissens frei? Wie gehen wir mit unseren Gedanken um, lassen wir sie genug grübeln, wohin führen sie uns? Können wir sie beeinflussen? Warum denken und schreiben wir?
Ich glaube, daß uns die Antworten, selbst wenn sie uns zufriedenstellen würden, nicht interessieren. Wir haben es so weit gebracht, daß das Denken und Schreiben als normal empfunden wird, selbst wenn wir Gedanken formulieren, die auf eine normale Weise niemand finden kann, das sind jene poetischen Eingebungen, von denen ich annehmen darf, daß sie nur wenigen Menschen in die Hand gelegt werden, nichts anderes geschieht bei dem Vorgang des Schreibens: Ohne unsere Hand könnten wir kein Wort der Nachwelt hinterlassen.

7. Brief (Auszug)

...an diesem Tag nahm ich zwei Anregungen auf, die gedanklich zu vertiefen mir als wichtig erschienen. Ich las in deinem Brief an Erucius, in dem du über Pompeius Saturninus sprichst. Wie schon in anderen deiner Briefe entdeckte ich eine großzügige Gesinnung, mit der du anderen Schreibern begegnest. Dir gefallen die Kürze, die Klarheit und die Anmut an Saturninus‘ Sprache; auch vom schönen Satzbau sprichst du, und von einem prächtigen klassischen Wortschatz. Seine Verse erinnerten dich an Catull und Calvus, die vor deiner Zeit gelebt haben, sie wären sanft, leicht und hart. Deine Bewunderung für ein Stück schöner Literatur geht weiter, deine ehrliche Meinung überrascht mich. Du wirst erstaunt aufblicken und dich fragen: Warum? Deine konstruktiven, bejahenden Äußerungen setzen einen guten Mann voraus, auf beiden Seiten. Mehr noch, du zeigst dich als ein erfahrener Liebhaber des literarischen Wortes, der seine Anteilnahme am schreibenden Geschick des andern mit freundlicher und weiser Zurückhaltung beweist. Und daß du es ehrlich meinst, das imponiert mir.

9. Brief (Auszug)

„Wieviel Tage habe ich mit welch faden Dingen verloren!“ Das sagst du neben anderen schönen Gedanken im Brief an Minicius Fundanus. Dieser Satz erinnert mich an eine alte Frage: Was sind wir eigentlich alles? Wir Menschen können sein: Ehemänner, Väter, Advokaten, Müßiggänger, Poeten, Literaten, Schwätzer, Sklaven, Diebe, Kaiser, Heerführer, Soldaten, Kinder, Gutsverwalter, Invaliden, Verräter, Philosophen, Ärzte, Freunde und vieles andere.
Welchen dieser Aufgaben und Tätigkeiten wir auch nachgehen sollten, und welche dieser Eigenschaften uns anhaftet, wir sind mehr als dies! Und das macht unser Leben abwechslungsreich und interessant, so daß wir ohne Bedenken sagen können, die menschliche Gemeinschaft ist jedem anderen lebenden Gebilde auf diesem Planeten von ihrem Gesamtbild her überlegen. Ist sie das wirklich?

21. Brief (Auszug)

...es geht um den Namen Bronsfeld. Anfang der 80er Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts verknüpfte ich ihn mit einer Idee zu einem Roman. Nun fand ich ihn unter alten Unterlagen wieder. Vielleicht war es ein Zufall. Die Hängetasche war vollgestopft mit handschriftlichen Vermerken, Zeitungsausschnitten, Bildern, einem Romananfang und mit einem fertigen Stück, das den Titel: Bronsfeld ist der König trägt.

Das Stück besteht aus drei Teilen. Im letzten Teil haben sich Bronsfeld und seine illustren Freunde,
bei denen es sich, bis auf zwei Personen, um Patienten der psychiatrischen Klinik „Freudenheim“ handelt,
um einen großen Tisch versammelt. Es ist Bronsfelds Tafelrunde, zu der er,
wohl aus therapeutischen Gründen, regelmäßig einlädt:


Hochwürden: Eröffnen wir das Menü, meine Freunde. Lasset uns beten! Meine Liebe sei meine Hoffnung, mir wird nichts fehlen. Ich zerstöre die Furcht der Leidenden und werfe sie in das Feuer des Vergessens. Ich lasse nicht ab von dem Versuch, alles zu sagen, was ich weiß, und nichts zu verschweigen von dem, was mich bedrückt. Auch wenn ich mitunter die eigene Schwäche erkenne, die keinen Weg zu grünen Auen weist, der Wille, die Liebe meiner Väter zu begreifen, wird mich aufrechterhalten. Ich habe Angst vor dem Ende meines Weges. Was ich zu vergeben habe, ist ein winziger Teil vom Menschen, das selbst noch in der Stunde des Todes das Ganze verleugnet.
Gäbe es das Paradies, ich würde es meiden. Was mir folgen wird, weiß ich nicht...
Flasche: Jesus!
Hochwürden (unberührt fortfahrend): Vielleicht wird Gutes und Barmherzigkeit an meine Stelle treten.
Flasche: Im übrigen war Jesus ein Revolutionär!
Hochwürden: Jesus war kein Revolutionär. Er war bestimmt vom Glauben.
Lagarto: Sagte Papst Johannes Paul II. in Puebla, Südamerika.
Flasche: Jesus war und ist ein Revolutionär!
Hochwürden: Er war bestimmt vom Glauben. Sein Reich ist nicht von dieser Welt.
Flasche: Sie irren, Hochwürden! Jesus lebt (Sieht sich um zu den andern.) Was meint ihr?
Lagarto: Er ist Asiate!
Tod: Europäer!
Präsident: Afrikaner!
Druide: Er ist Südamerikaner!
Gisela: Er wird täglich gedemütigt...
Lagarto: ...geschlagen...
Tod: ...gefoltert...
Präsident: ...verspottet...
Druide: ...gekreuzigt...
Marcel: Verzeihen Sie, Hochwürden, er lebt in den Minen von Peru und Bolivien.
Flasche: Auf den Haziendas als Tagelöhner.
Lagarto: Er ist Campesino, ein Hungernder.
Tod: Er ist Indianer, ein Verzweifelter.
Druide: Er stirbt als Kind an Unterernährung.
Flasche: Er krepiert am Kreuz, aus Worten der Gleichgültigkeit gemacht, der Ungerechtigkeit und der menschlichen Niedertracht.
Gisela: War nicht Jesus der Mann auf den Barrikaden, und der Attentäter, der den Diktator erschoß?
Hochwürden: Der Glaube trägt als Symbol des Lebens das Kreuz.
Flasche: Darum war Jesus ein Revolutionär!
Hochwürden: Er war bestimmt für den Glauben. Er lebte und starb für den Glauben.
Flasche (an Lagarto): Seine Gedanken enden allmählich in der Gedankenlosigkeit.
Lagarto: Wir kommen, ohne es zu ahnen, in die Ära einer offensiven Verurteilung der Menschlichkeit.
Flasche: Bewaffnen wir uns!
Hochwürden: Das ist eine profane Rebellion!
Lagarto: Hochwürden, bewaffnen wir uns mit neuen Gedanken, bevor die richtigen Waffen ausgeteilt werden.
Eine Zeitlang herrscht ratloses Schweigen.
Präsident: Wir sind gut aufgehoben in Freudenheim.
Tod: Der Tod ist überall gut aufgehoben.
Präsident: Ich befürchte, daß die politische Anarchie von der kriminellen überholt wird.
Gisela: Flüchtet nicht schon aus den Familien das Verständnis für ein sinnvolles Zusammenleben?
Hochwürden: Scheiße! Schluß damit!
Marcel: Bei aller Freundschaft, Hochwürden, Sie sind ordinär!

Band 13 Briefe an Plinius
Reihe Cimarron libris
Erstauflage 99 Exemplare
(Die ersten sieben Ausgaben bleiben beim Team).
Text/handschriftl. Vermerke Gregori Latsch, Cimarron-Team
Gestaltung/Satz/Laserdruck Doris Hess, Cimarron-Team
Grafik (neben dem Titel), Ralf Biskup, Cimarron-Team
Textart 24 Briefe (Prolog/Nachwort/Verzeichnis der in den Briefen behandelten Themen.)
Heftformat A5, von Hand gebunden
Heftumfang 64 Seiten, ca. 55 Seiten Text
Vorsatz/Druckpapier Fein-, Bütten-, Transparentpapier diverser Art, von Heft zu Heft verschieden.
Umschlag mit Titelschildchen,
Grafik oder Foto
Marmoriertes Kunstpapier, Büttenkarton (Efalin in Farbe) oder anderes farbiges Kunstpapier, von Heft zu Heft verschieden.
Schutzumschlag
Banderole
Transparentpapier und Banderole
Besonderheiten a) Der Mittelteil des Heftes enthält auf Premium-Transparentpapier zwei großformatige farbige Fotos (Stadt- und Landszene) im Druck.
b) Durch die Briefe zieht sich wie ein roter Faden der Abschied des Autors vom Lande - nach sieben schönen Sommern.
c) Unabhängig davon sind die vierundzwanzig Briefe als ein bescheidener Dank für das Vergnügen anzusehen, das die großen Briefe des Gaius Plinius dem Autor bereitet haben und immer noch bereiten.
Preis Je Heft 49,90 €
incl. Mwst. und freie Zusendung innerhalb Deutschlands.
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