Cimarron libris

Einer zeigt nach oben. In unendlicher Höhe, auf dem Seil, tanzen starke Beinchen, die zu schweben scheinen; langsam gleiten sie auf dem Seil nach unten. Dreispitz!
”Und ohne Stange...” ‑ ”Seht, wie er schwebt!” ‑ ”Er weiht das Seil dem Dom, den guten Geistern.” ‑ ”Er schließt die Augen.” ‑ ”Er wandelt wie im Traum..., das Seil berührt ihn kaum.”
Dreispitz hat zu seinem Tritt gefunden. Die winzigen Füße wissen, was sie gelernt haben. Sie suchen das andere Ende des Seiles. Sie sind auf dem Weg zur Paulskirche.

Vor der Wohnungstür verabschiedete sich Anne von ihm. Sie hatte fortlaufend geredet ‑ und Tucher mit leicht gesenktem Kopf schweigend zugehört.
Kaum war Anne allein, lief sie in ihr Zimmer zurück. Sie nahm die Königspuppe in ihre Hände und vollführte damit einen langen Freudentanz. Dreispitz hatte Mühe, sie im Auge zu behalten.

Ich widme diese Geschichte all jenen,
die mit mir in dieser Stadt leben.
Und das können sein:

Schornsteinfeger Obstverkäufer
Direktoren Vorstandssprecher Opernsänger
Sportskanonen Bürgermeister Eisverkäufer
Autohändler Straßenkehrer Musikanten
Witwentröster Ordnungshüter
Bürokraten Pennebrüder Schuhverkäufer
Juweliere Dezernenten Liebesdiener
Rezensenten Redakteure und Flaneure
Börsenmakler Fensterputzer Hausverwalter
Angestellte Kassenwarte Werbetexter
Grafiker Hotelbesitzer Oberkellner Unterkellner
Zwischenhändler Stadtversehrte Spekulanten
Möbelhändler Zimmermädchen Weinverkäufer
Techniker und Fotografen
Detektive Programmierer Laboranten und Floristen
Banker Metzger Bauarbeiter Optiker und Artisten
Galeristen und Chirurgen
Schrottverkäufer Rechtsanwälte und Notare
Bauern Einzelhändler Lehrer Schüler und Studenten
ungeküßte Frauen und verspielte Küster
Pfarrer und Kaplane
Dichter Denker Novellisten -
beiderlei Geschlechts

S.M. Fahrendorf . Frankfurt 1994